Ist Links das neue Rechts?
Der Ukraine-Krieg stellt für uns alle einschneidende und existenzielle Bedrohung dar. Die Bilder und Berichte dokumentieren eine nicht gekannte Brutalität und unendliches Leid. Für mich selbst ist ebenso o.k. zu sagen „Ich will dass wir uns raushalten, weil ich Angst vor einem Atomkrieg habe“, wie „Wir müssen jetzt dringend schwere Waffen liefern und den Menschen Ort helfen“. Ich glaube kaum, dass jemand ohne Emotionen auf das Geschehen blicken und dieses bewerten kann. Was mich aber verärgert ist ein undurchschaubarer linker Argumentationssalat, der fast deckungsgleich mit der Kremlpropaganda und der AfD/die LINKE Friedensheuchelei daherkommt.
Was mich verärgert ist ein undurchschaubarer linker Argumentationsalat, der fast deckungsgleich mit der Kremlpropaganda und der AfD/die LINKE Friedensheuchelei daherkommt.
Es werden vor allem friedensbewegte Argumentationsketten aus den 80ern ausgepackt, als ob die Antworten von vor 40 Jahren das Problem von 2022 lösen könnte. Egal ob nun Alice Schwarzers Pamphlet oder der offene Brief an Kanzler Scholz herangezogen wird. Es geht immer darum, dass eine schnelle Kapitulation der Ukraine und eine „Neutralität“ derselben für uns alle der schnellste Weg zum Frieden sei. Um dies argumentativ zu unterlegen, wird eine Schubkarre mit üblen und teilweise menschenfeindlichem Whataboutism aufgefahren. Als da wären u.a.
- die Ausweitung der NATO
- der gewünschte NATO-Beitritt der Ukraine
- die Angebliche Rechtsradikalität in der Ukraine
- auch die Ukraine begeht Kriegsverbrechen
- Melnyk legt einen Kranz für Bandera nieder
- Melnyk grundsätzlich die NATO sowieso
- Diplomatie, Diplomatie: Die Ukraine will nicht verhandeln.
Oder man stellt solche Fragen wie Alice Schwarzer „ Wir konnte es nur zur Verhärtung und Unmenschlichkeit von Putin kommen“ und beantwortet diese letztendlich damit, dass der gewünschte NATO-Beitritt der Ukraine und das Verhalten der ukrainischen Politiker hier Schuld trägt.
Jeder der diese Argumentationsketten teilt oder mit trägt, tanzt letztendlich den Tanz um das goldene Kalb mit dem Namen „Pazifismus“. Die Schuld wird dabei nicht dem Agressor, der einen Angriffskrieg beginnt sondern dem Opfer zugeschoben, das ihn bösartig provoziert oder gar verdient hat. Denn der Schlüssel für unseren rosaroten Frieden liegt ja bei Ukraine, die könnten sich in einen Handpuppenstaat von Putin verwandeln und schon wäre wieder alles gut. Wir selbst haben ja schließlich alles richtig gemacht. Nein haben nicht, wir versuchen nur uns selbst länger etwas vorzumachen und in unserer lauwarmen Komfortzone zu bleiben. Wir leben sowohl in der alten BRD als auch im wiedervereinten Deutschland unter dem schützenden Dach der NATO. Und bei aller Kritik ist es genau dieses Abschreckungspotential, dass uns einen so langen Frieden beschert hat. Und genau darin liegt auch die Attraktivität des Beitritts für die Länder des ehemaligen Ostblocks und neuerdings auch Schweden und Finnland.
- Bitte akzeptiert deshalb, dass die Menschen in Ukraine sich wehren weil sie nicht unter dem Joch Russlands leben möchten sondern in einer Demokratie. Und respektiert die Menschen für ihren Kampf dafür.
- Und bitte akzeptiert, dass der Krieg mit einer Kapitulation der Ukraine nicht beendet wäre. Putins Krieg gegen den Westen in dem er erfolgreich versucht unsere Werte zu untergraben dauert schon länger und wird weiter gehen.
- Und akzeptiert bitte auch, dass wir in Deutschland keinen wirklichen Pazifismus leben, sondern in diesem Zusammenhang höchstens eine Heuchelei auf hohem Niveau zelebrieren.
Links oder Rechts sind für mich selbst überkommene Begriffe. Aber Links zu sein, stand bei mir immer für Menschlichkeit, Empathie und dafür sich nicht zu ducken und zu heucheln.
P.S. Ich bin kein NATO-Fan mir selbst geht sämtlicher Millitarismus komplett gegen den Strich. Dieser in Verbindung mit Nationalismus ist ein toxisches Gebräu, das uns zwei Weltkriege beschert hat .Ich bin der Meinung, dass man sämtliche Konflikte über die Diplomatie lösen muss. Aber man muss auch schlichtweg die Realität wahrnehmen und damit umgehen können, wenn einer sämtliche Regeln bricht.
P.P.S. Eine Lösung kann ich hier leider nicht anbieten.
Danke für die klaren Worte. Sehe ich auch so. Pazifismus funktioniert nur, wenn beide Seiten gewillt sind, die Perspektive des jeweils anderen zumindest im Ansatz zu verstehen. Eine Eigenschaft, die Putin ganz offensichtlich nicht hat. Da wurden sicherlich auch Chancen vertan, Russland NACH dem Fall des eisernen Vorhangs die Hand zu reichen und es in die Weltgemeinschaft zu integrieren. Dazu gehören allerdings auch immer zwei: Man kann den Russen sicherlich nicht nachsagen, dass sie sich eine solche Integration wirklich dringend gewünscht hätten. Stattdessen hing ein guter Teil der russischen Bevölkerung auch alten feuchten Großmachtträumen nach. Und die hat Putin mit Worten und Symbolen bedient – und bedient sie aktuell nun eben auch mit Taten. Dass die geistigen Dachlatten der Rechten zu Putin-Fanboys und -girls wurden, das liegt aufgrund der gemeinsamen, schrägen Denke auf der Hand. Dass die Dummbeutel in der Linken Russland als Wahrer der kommunistischen Ideale bis heute die Hand tätscheln, die erkennbar Unrecht tut und auch mal mordet, das dient sicherlich nicht der eigentlichen Idee, sondern nur noch den verknöcherten Kader-Egos, die lieber zusehen, wie ihre Partei erneut an die Wand knallt, statt sich damit zu befassen, die linke Idee ins Heute zu holen. Aber das hat sich ja dank des nun eigenen Pädo-Skandals wohl bald dann auch weitgehend restlos selbst erledigt.