Heute Nacht hatte ich einen seltsamen Traum. Hillary Clinton in jeder Hand ein Bündel Fähnchen verschiedener Nationen, grinst hämisch in die Kamera und verkündet ihren Wahlsieg mit den Worten “Now America is Great again”. Mir war sofort klar, dass da etwas nicht stimmen kann. Ich also schnell aufgewacht, aufs Smartphone geschaut. – O.K- 5.00 Uhr – Zeit man zu schauen, was da los ist. 2 Sekunden später war ich hellwach.
Ich habe in Plaste ja schon seit Sommer 2014, das unheimliche Einsickern von rechten Ideologien, Hass und Menschenfeindlichkeit in die sogenannte “Mitte” der Gesellschaft reflektiert. Seit über zwei Jahren wird unser gesellschaftlicher liberaler Konsens langsam aber strategisch und bewusst aufgeweicht.
Das perfide daran ist, dass diese antiliberalen Milieus, sich eines liberalen Duktus bedienen. Sich also zum einen als Kämpfer gegen das Establishment und Revolutionäre zu profilieren, gleichzeitig aber schamlos die Strategien der Nazis aus den 20er und 30er Jahren kopieren. Ein Blick auf die Wähler bei den US-Wahlen und dem Brexit-Entscheid zeigt, dass vor allem Männer momentan in den Kampfmodus getreten sind. Es sind Typen ab 40, weiß, aus den sogenannten mittleren und unteren Bildungsmillieus. Wenn ich mir auf meinen Counter Speech Ausflügen ins Facebookland deren Kommunikationsverhalten anschaue, haben es die Herrschaften auch nicht gerade mit Humor und Ironie. Also im Grunde der klassische Spießer, CDU, bzw. Republikaner-Stimmvieh aka die “Mitte der Gesellschaft”.
Die ganze rechtsbraune Soße ist ein Konglumerat der Spätfolgen von Finanzkrise, steigender (empfundener und realer) sozialer Ungerechtigkeit, dem Facebook-Filterblaseneffekt ( Doofe treffen Doofe) und der Midlifecrisis von Männern im besten Alter (läuft halt alles nicht mehr so). Angeheizt von den üblichen Bauernfängern, Gebrauchtwagenhändlertypen die genau wissen dass jeden Morgen mindestens zwei Dumme aufstehen. Ist ja auch ganz befreiend mal wieder Schwulen- und Behindertenwitze zu erzählen, Frauen auf den Hintern zu klopfen oder sich Moslems als Sündenböcke zu suchen. Das macht Amerika zwar nicht Great aber es nimmt Druck aus dem eigenen Leben.
Ich habe heute morgen einen eigentlich klugen Post der Autorin und Journalistin Jeannette Hagen gelesen. Sie vermutet die Ursachen “für den Rechtsruck” auch in der mangelnden Vermittlung von Empathie in der Gesellschaft. Da frage ich mich allerdings, soll ich jetzt erwachsenen Männern, denen schon die Haare ausgehen, erklären was Empathie ist (oder wie man es schreibt). Dass es der Klebstoff unserer Gesellschaft ist. Dass jeder durch Krankheit oder Unfall zu einer Minderheit werden kann, die geschützt werden muss. Wie man sich wohl fühlt, wenn man vor einem dem brutalsten Kriege der Neuzeit flieht und sich dann Idioten gegenüber sieht, die um ihre “Kultur” fürchten. Oder wie es einem geht, wenn man schwul oder lesbisch ist und das bitte wieder heimlich auf dem Bahnhofsklo ausleben soll. Oder versuchen zu vermitteln, dass die negativen Auswirkungen der Globalisierung nicht durch Nationalismus rückgängig gemacht werden können. Dass die Leute, die für “Protest” stehen im Grunde nur Popanze und Kriegsgewinnler eines Kampfes gegen die Demokratie und Freiheit sind. Leute wie Trump oder Hofer kehren bestimmt nicht am Ende des Tages die Scherben auf. Nein liebe Leute, dazu habe ich heute keine Lust.
Was wir momentan sehen ist ein böses Rückzugsgefechts des klassischen Patriarchats, das alles andere als harmlos ist. Offene liberale Gesellschaften mit Meinungsfreiheit und Schutz von Minderheiten sind die Erfolgsmodelle unserer Zeit und auch einer globalisierten Zukunft. Weil sich Menschen, dort wo sich frei entfalten können auch neue Ideen kreieren, nach vorn blicken, die Zukunft gestalten und auf Herausforderungen reagieren können. Das Paradies gibt es übrigens auch dort nicht und ein Messias mit orangener Schmincke ist überall eine Mogelpackung.
Aber morgen stehen wir dann bitte wieder auf, putzen uns die Zähne und kämpfen für den Erhalt unserer Demokratie.
*Ihr Name ist leider in meiner Timeline verschollen.