Eigentlich wollte ich der Schweizer Bevölkerung oder zumindest deren Teil, der am 15.12.2012 beim Vorentscheid zum Eurovision Songcontest mitgemacht hat, die große Plaste-Medaille dafür verleihen, dass sie guten Geschmack im schlechten Fernsehen bewiesen hat. Immerhin wurde „CARROUSEL“ bei der Vorentscheidung auf den zweiten Platz gewählt.
Fast jeder 5. Schweizer war damals der Meinung, dass sie die Eidgenossen in Malmö vertreten sollten. Schon hatte ich die Medaille in der Hand, als ich doch nachschauen musste, wer denn anstelle von Carroussel fahren durfte. Hinter dem Siegertitel von Heilsarmee „You and me“ verbirgt sich ein untalentiertes Soft Hardrock-Liedchen, interpretiert natürlich von der RICHTIGEN Heilsarmee in richtigen Uniformen. Tja liebe Schweizer wenn auch ihr glaubt, dass nur das lobenswert aus dem Popbrei hervorstechen darf was nach Einheitsrezept auf die nette Art ein wenig Bala Bala ist – haha Heilsarmee Typen, die Rockmusik machen, auch mit alten Leuten an der E-Gitarre huahua – dann kommt die Plaste-Auszeichnung für den guten Geschmack halt wieder in die Schublade –Basta! Schade, wie schön wäre es doch gewesen die erfrischenden Chansons von CARROUSEL zwischen all dem Europlastikschrott, Legebatterienpop, und singenden Großmüttern in dem Zirkus der Idiotie zu hören. Kann man sich gar nicht vorstellen?
Video und Bilder: Tom Münch
Ihr habt recht! Und darum durften wir Sophie Burande und Léonard Gogniat auch wieder in VS begrüssen. Und das ist gut so – zumindest für uns! Live spielten die beiden, verstärkt durch einen Gastmusiker einen Gute-Laune-Mix der drei veröffentlichten Alben. Dabei Sophie immer tres charmant im Mittelpunkt, tanzend, singend, Akkordeon spielend. Carroussel waren an diesem Donnerstag so spielfreudig, dass sogar einige Stühle im Kultur-Abonnenten Bereich, den Menschenfreund Bernhard Zipfel kurzfristig für die sitzfreudigen Villinger eingerichtet hatte, begeistert wieder freigemacht wurden. Neben der tollen Show haben Carroussel einen untrüglichen Instinkt für Melodien, Melodien, Melodien – vielleicht auch deshalb weil die beiden ein Paar sind und es Liebe auf den ersten Blick war. Ich bin mir allerdings sicher für diese Ohrwürmer würden vermeintliche Gute-Laune-Schlager-Görchen ala Beatrice Egli, Dieter Bohlen ermorden ohne ihr Grinsen nur eine Sekunde abzulegen.
Alles in allem durften wir nun in den letzten zwei Monaten die große Jung-Männer Hoffnung des Pop-Feuilletons “Trümmer” bei uns begrüßen. Danach Nino den Grantler-Dylan aus Wien und by the way waren die Austro-Indie-Pop Offenbarung “Wanda” im Limba. Jetzt die beste Schweizer Popband (sorry liebe “Heilsarmee”). Wenn es so weitergeht verbrenne ich meinen Post “Woanders is auch scheisse” in aller Öffentlichkeit und ernenne Bernhard Zipfel zum “Independent Kulturamtsleiter”
Und weil eine Playlist mehr sagt als tausend Worte, hier die original Tracklist vom Konzert in der Scheuer.
Übrigens: Das sind die „Fliegenden Austern“ auf den Spuren von Jonathan Richman. UNSERE Kandidaten für den nächsten European Song Contest.