Dieses Jahr fanden viele gute Tracks durch sehenswerte Clips eine Visualisierung auf Augenhöhe. Deshalb findet ihr hier einige Doppelbesprechungen/ Gesamtkunstwerke.
Arcade Fire – Afterlife (Track/Video, Spike Jones)
Spike Jones lässt Greta Gerwig nochmal den süssverpeilten Charakter aus „Frances Ha“ spielen. Der Abschiedskuss ihres Freundes ist nur noch angedeutet aber endgültig. Aus Traurigkeit wird Trotz und sie beschließt den Frust wegzutanzen. „Frances Ha“ mässig, ein bißchen ungeschickt, ein wenig neben der Schiene und wenig des eigenen Körpers unbewusst. Erst agressiv, stakkatoartig dann energiegeladen, verlässt sie ihr Appartment und findet sich kleinmädchenglücklich in einer winterweihnachtlichen Schneelandschaft wieder. Die natürlich Kulisse für Arcade Fires Auftritt bei den YouTube Awards ist. Wo sie als der Teil der AF Community den Rest der Songs mitperformt/ tanzt. Allerbester „Frauen-vor-dem-Spiegel“-Liebeskummer Clip kongenial zu Spike Jones Tanzclips für Fat Boy Slim in den Neunzigern. Da darf auch gern mal die eine andere Träne fließen (natürlich nur bei Weicheiern)
The Knife – Full of Fire (Track/Video: Marit Östberg)
Keytrack auf „Shaking the Habitual“ eine fast tanzbare Mini-Oper, die von der queer feministischen Filmemacherin Marit Östberg in einem Kurzfilm/Clip als Studie der Stockholmer Gesellschaft verfilmt wurde. Zu den fast schmerzhaften aber monoton eingängigen Disco-Post-Industrial Beat sehen und hören wir Stockholmer Gender Dramen um Crossdressing, einer angedeuteten Romance zwischen einer Occupy-Demonstrantin und einer Polizistin und Bikerinnen bei Fesselspielen.When you’re full of fire, What’s the object of your desire? Let’s talk about gender baby. Let’s talk about you and me. Wird überraschenderweise für jeden, der sich öfters mal 9 Minuten Zeit nimmt, zum echten Ohrwurm.
Dagobert – Ich bin zu jung (Track/ Video ZDF Fernsehgarten)
Dagobert macht Schlager. Sein Karriereproblem: Er ist für das Publikum dabei nicht greifbar. Er ist cool aber nicht Indie. Er wirkt „“orgininell““ trägt aber kein Brusthaartoupet und meint es alles andere als ironisch (auch hier die Gänsefüßchen dazudenken). Sein Songs sind Gassenhauer, aber überspringen die für die Charts benötigte IQ-Quote von höchsten 80 bei weitem. Er hat Melodien, verzichtet aber auf unterlegte Beschleunigungsbeats, die die Schlagermassen als geistige Navigationshilfe zum Mitklatschen brauchen. All das hat die Redakteure des ZDF Fernsehgarten nicht angefochten Dagobert zum großen sonntäglichen Kukident-Event einzuladen. Weil er aber doch irgendwie originell sein soll pressten sie ihn dabei in einen Fin-de-siecle Gehrock und strahlten die Aufnahmen im Nachhinein in Schwarz-Weiß aus, was dazu geführt hat das Deutschlands Media Märkte am nächsten Tag von entrüsteten Senioren mit ihren Flatscreens heimgesucht wurden („Da war gestern die Farbe weg. Ich guck seit 1972 alles in Farbe). Also latscht Dagobert zwischen schüchtern verstört klatschenden Senioren in sommerlicher Freizeitkleidung durch eine ZDF Gartenmöbel Phantasielandschaft und legt dabei im Stechschritt gefühlte 5 Kilometer zurück. Herrschaften: Dafür bezahle ich gern meine Gebühren.
Savages – Strife
Die Damen quetschten in 2013 den letzten Saft aus dem Postpunk-Ding. Zeigen sich in hartkontrastigen S/W Malaria Trademark Pics und beweisen, dass auch Frauen in Einzelkämpferfrisuren sexy sein können. Die Tracks hart bohrend konstruiert verzichten zum Großteil auf anbiedernde Refrains. Strife ist das melodienseeligste Teil des Album, auf dem sich alles oft nach schlechtgelaunten walisischen Todesfeen anhört oder wahlweise auch nach Siouxie and the Banshees.
Deafheaven Dreamhouse
Diesen Gitarrenoise hat Ozzy Ozzbourne in der Entzugsklinik geträumt. Dreamhouse ist eine 5 km dicke Gitarrenwand aus der langsam ein feine zerbrechliche fast melancholische Melodie kriecht, die ein wenig an die Cocteau Twins erinnert. Wer das nicht so sieht, kann die 9 Minuten auch dazu nutzen bis zur Hirnblutung zu headbangen. Wir schreiben schließlich hier niemandem was vor. Übrigens Deafheaven ist auch ein schöner Name für eine Noise-Metall Band.
Vampire Weekend – Diana Young
Dieses Jahr gilt, die besten Songs kommen auch von den besten Platten. In diesem Fall der Sommer-Sonnenschein-Plasma-Pop-Hit, der in den Freibädern aus jedem billigen Transitorradio gedröhnt haben sollte.
Daft Punk – Get Lucky
Steht in dieser Liste allein schonmal dafür, dass „Get Lucky“ der große Sommerhit war, also das Teil, das ständig auf SWR3 kommt, bei dem das Radio auch mal ein bißchen gedreht werden durfte und das im wahren Leben aus den billigen Transitorradios im Freibad dröhnen würde, wenn es noch Transistorradios gäbe. Nile Rodgers weiß halt wie sowas geht. Den letzten große konsensstiftenden Sommerhit für jedermann gab es ürbrigens zuletzt 1981 mit Human Leagues „Don’t you want me“
Baby Shambles- Picture me in a Hospitals
Ein kleine Fingerübung in der Kunst einen Britpop Hit zu schreiben. Erinnert irgendwie an die Kinks, erinnert irgendwie an die Faces, erinnert irgendwie an die Libertines, erinnert irgendwie an Pete Doherty. Mehr braucht es nicht weder in den sechzigern noch in zwanzigern.
Grim104 – 2. Mai
Nicht nur aber auch für die tolle Zeile:
Deine Eltern kamen aus Westdeutschland und hatten Terror, Schleyer, Landshut .
Ich krieg nur die Reste ab: Lena Mayer-Landruth.
Jon Hopkins – Open Eye Signal
Steht stellvertretend für die ganze Platte. Wäre für mich der bessere höhenschwindelerregende Soundtrack zum besten Film des Jahres „Gravity“.
hallo axel,
meine ergaenzung zu den besten tracks waere:
father john misty ‚hollywood forever cemetery sings‘
gruss
juergen
Hallo Jürgen,
werde ich mich anhören. Es freut mich, daß Plaste auch in Asien gern gelesen wird. – Gruß Axel